Auch nach den Neuwahlen für das spanische Parlament am vergangenen Sonntag zeichnen sich wie vor einem halben Jahr keine klaren Machtverhältnisse ab. Die Partido Popular (PP) des amtierenden Premier Rajoy legte zwar zu - zur absoluten Mehrheit reichte es aber wieder nicht.
Die konservative Partei steigerte sich laut vorläufigem Endergebnis von 28,7 Prozent 2015 auf 33 Prozent der Stimmen und demnach 137 Sitze. Sie legte damit gegenüber der Wahl im Dezember um 14 Sitze zu, verfehlte jedoch die absolute Mehrheit von 176 Sitzen. Sie kann deshalb ohne Koalitionspartner nicht die Regierung stellen. Das spanische Parlament hat insgesamt 350 Sitze.
Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) rettete sich von 22,0 Prozent auf 22,7 Prozent Stimmenanteil, verlor aber trotzdem fünf Parlamentssitze. Das neue Linksbündnis Unidos Podemos wurde mit 21,1 Prozent (2015: 20,7) drittstärkste Kraft und erhält sich alle im Dezember erreichten 71 Sitze. Die neokonservative Partei Ciudadanos blieb bei 13,1 Prozent (2015: 13,9) und verlor acht Mandate. Auch mehrere Regionalparteien aus dem Baskenland und Katalonien zogen mit insgesamt 25 Sitzen ins Parlament ein.
Niedrige Wahlbeteiligung
36,5 Millionen Spanier waren aufgerufen erneut zu wählen. Einschließlich der 1,4 Millionen Briefwähler war die Wahlbeteiligung mit 68 Prozent jedoch eine der niedrigsten seit dem Tode Francos im Jahr 1975. Im Dezember waren es noch 73 Prozent gewesen. Als Grund für die geringe Wahlbeteiligung sehen spanische Medien Politikverdrossenheit: laut einer aktuellen Umfrage glauben bereits drei Viertel der Spanier, dass die Parteien im Eigeninteresse und nicht zum Wohl des Staates handeln.
Rajoy erklärte sich zum Sieger und muss nun einen Koalitionspartner finden
«Wir haben die Wahlen gewonnen und fordern das Recht aufs Regieren», rief der 61-Jährige am späten Sonntagabend in Madrid unter dem Jubel seiner Anhänger. Er verspricht Kompromissbereitschaft, um Spanien aus dem politischen Stillstand herauszuführen: «Wir müssen mit allen sprechen.» Und er lässt durchblicken, dass er eine Minderheitsregierung anstrebt, die von den Sozialisten toleriert werden soll. Das Ergebnis macht es jetzt jedoch noch schwieriger als im Dezember, den Spaniern eine stabile Regierung zu geben.