Durch die neueste medizinische Erkenntnis, nämlich dass die Krankheiten mit Störungen im Seelenleben einhergehen ja, durch diese verursacht werden, sind wir gezwungen viele lieb gewordenen Grundsätze als Irrtümer über Bord zu werfen. Dies gilt besonders für die Hygiene, die Lehre von der Krankheitsverhütung. Hier ist nicht nur die Bakteriologie, sondern auch die Diätetik ins Wanken gekommen, und es bleibt uns nicht erspart neue Wertungen vorzunehmen.
Es ist z.B. nach wie vor richtig, dass zuviel Fleischgenuss oft zu einer Übersäuerung von Blut und Geweben führt und deshalb viele Krankheiten im Gefolge haben kann, wenn es nicht gelingt, die Säuren durch eine entsprechende Menge Basen zu vernichten. Es hat sich aber längst gezeigt, dass die durch eine mechanische Zufuhr von Basen (Kartoffeln, Obst, Gemüse usw.) allein nicht gelingt, sondern dass noch ein Drittes hinzukommen muss, ein Feldherr, welcher die Basen zum Kampf gegen die Säuren ansetzt und zum Siege führt.
Ist dieser Feldherr - Paracelsus nennt ihn den «inneren Arzt» - aber vorhanden, dann bedarf es überhaupt keiner diätetischen Künste, um den Stoffwechsel in Ordnung zu halten; denn der Feldherr reguliert dann einerseits den Instinkt (setzt z.B. das Verlangen nach Fleisch herab das nach Gemüse herab), andererseits schafft er den richtigen Ausgleich zwischen Säuren und Basen und schützt so die Gesundheit in geheimnisvolle Weise. Der gesamte Chemismus des Leibes hängt von der Leitung des Feldherrn ab.
Mit diesem uns zu verbinden, die Freundschaft mit ihm zu hegen, ist also das Entscheidende. Aber leider ist er schwer zu fassen; er steht über Gehirn, Verstand und Bewusstsein, er webt und wirkt tief drinnen im Unbewussten, nämlich in der Seele, und lässt sich nicht durch Befehle einspannen. Wir können mit ihm nur in Verbindung kommen durch Einbildungskraft, Glauben, Meditation, die damit auch für die leibliche Gesundheit unentbehrlich werden.
Es ist also keine Phantasie, sondern der jüngste Zweig der medizinischen Wissenschaft, die Psychosomatik, welche uns die, Gewissheit gibt, dass das körperliche Leben weitgehend von der Seele her dirigiert wird, dass eine harmonische Seele Gesundheit, eine kranke Seele Krankheit im Gefolge hat. Um uns gesund zu erhalten, müssen wir uns also in erster Linie um das Gleichgewicht der Seele bemühen, und dieses ist nur zu erlangen durch eine entsprechende geistige Haltung.
Alle Lebensregeln, welche dazu seit Menschengedenken verkündet worden sind, gipfeln in einer einzigen Forderung: der Nächstenliebe! Nur die Ausübung tätiger und hingebender Liebe kann der Seele den Frieden geben, der die Kraft (den Feldherrn) erzeugt, durch welche allein auch die körperlichen Stoffwechselvorgänge normal ablaufen können.
Das sind moderne Erkenntnisse! Aber sie sind weiter nichts als wieder gefundene und bestätigte uralte Weisheit! Denn gerade von der Unwichtigkeit dessen, was „zum Munde eingeht" (Diät), gegenüber dem, was vom Menschen ausgeht (Liebe), handelt Markus 7,15 - 23. Man sollte den Menschen mehr Diätetik der Seele bieten als diätetische Spielereien im Chemismus des Leibes.